FDP-Haushaltsrede für 2021

vorgetragen im Rat der Gemeinde Weeze am 15. Dezember 2020 von Frans de Ridder, Vorsitzenden der FDP-Ratsfraktion. (Es gilt das gesprochene Wort.)

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen im Rat, verehrte Vertreterinnen und Vertreter der Verwaltung und der Presse.

Zuerst möchte ich mich im Namen der FDP-Fraktion bei der Verwaltung, insbesondere bei dem Kämmerer Herrn Peters und seinen Mitarbeiter, für die Aufstellung des Haushaltes bedanken. Allein der Umfang lässt schon erahnen, mit wieviel Arbeit dies verbunden ist.

Dies ist die ersten Haushaltsrede als Fraktionsvorsitzender einer vierköpfigen FDP-Fraktion die komplett neu gewählt und gerade mal 6 Wochen im Amt ist.

Aber wie hält man eine Haushaltsrede, ohne tragfähigen Haushalt? Wie blickt man auf 2021, wenn wir gar nicht wissen, wie das gesellschaftliche Leben in den nächsten Wochen und Monaten weitergeht?

Wie geht man um mit einer Haushaltslage, wo der Kämmerer in der Vorplanung für die kommenden Jahren schon Schreckgespenster wie Steuererhöhungen eingerechnet hat und im Vorbericht erheblichen Bedenken zu der Haushaltsplanung für 2021 äußert.

Dieser Haushaltsplanentwurf für 2021 ist kritisch und alarmierend. Wir schaffen es nicht, nach mehreren Jahren von guten Steuereinnahmen ein strukturell ausgeglichenes Ergebnis im Haushaltplan darzustellen.

Natürlich sind Überschüsse und Unterdeckungen denkbar, wenn diese hauptsächlich aus Ertragsschwankungen resultieren. Hierfür kann auch die Ausgleichsrücklage genutzt werden. Dass die Ausgleichsrücklage nun aber in nur einem Jahr zu 53% (10,3 Mio. € zum 31.12.2019, Plan-Jahres-Ergebnis: -5,5 Mio. €) verbraucht werden soll, halten wir für inakzeptabel.

Wir würden unsere Zustimmung zum Haushalt erteilen, wenn im Ergebnishaushalt einen maximalen Verlust i. H. v. 2,5 Mio. € für 2021 vorgesehen wird.

2019 hatten wir noch einen Finanzmittelüberschuss i. H. v. 4,1 Mio. €. Deshalb wäre der Finanzhaushalt für uns akzeptabel, wenn sich ein möglicher Finanzmittelfehlbetrag im maximalen Rahmen von 5 Mio. € bewegt.

Im Vergleich zu 2019 wird mit 3,3 Mio. € (-12%) weniger Erträgen und 5,9 Mio. € (+25%) mehr Aufwendungen geplant.

Wir können den Haushalt nur nachhaltig ausgleichen, wenn wir bei den Ausgaben umgehend achtsamer werden und Ansprüche zurückfahren. Gleichwohl weisen wir darauf hin, dass alle weiteren Ratsbeschlüsse ab sofort ins Auge fassen müssen, das wir einen strukturell ausgeglichen Haushalt ab 2022 ermöglichen müssen.

Dass wir bereits jetzt jährlich mehr investieren, als die Verwaltung leisten kann und als unser Haushalt hergibt, scheint nicht zu interessieren. Die Bürger erwarten von uns aber zu Recht, dass wir das Haushaltsproblem vor Ort in den Griff bekommen.

Dieses Haushaltsdefizit führt dazu, dass wir massiv an unseren Rücklagen zehren und sich erhebliche Steuererhöhungen bereits am Horizont abzeichnen, wenn wir nicht schnellstens gegensteuern. Wir halten das für ein fatales Signal für die Bürger, die Wirtschaft und das Handwerk in Weeze.

Die Verwaltung hat auch in den vergangenen Jahren immer einen Haushalt vorgestellt, der ein erhebliches negatives Ergebnis aufwies. Im tatsächlichen bilanziellen Ergebnis hatte der Haushalt dann ein um ein vielfaches positiveres Ergebnis.

Dies liegt unseren Ansicht nach daran, dass die Prognose der Gewerbesteuereinnahmen meistens zu niedrig angesetzt wird. Wir möchten aber keinen „zufälligen Haushalt“ – Wir möchten einen „Plan Haushalt“ und der Rat sollte die notwendige Priorisierung durch Planung vornehmen. Dem Herren Zufall trauen wir das nicht zu. Die Politik in Weeze hat es sich leider wohl angewöhnt, einen größeren Puffer als notwendig in die Haushaltspläne zu akzeptieren.

Trotz Steuereinnahmen, um die uns vielen Kommunen beneiden, gelingt es nicht das strukturelle Defizit gegen Null zu fahren. Immer waren wir auf irgendwelchen Töpfen, die angezapft wurden, angewiesen oder eben der Kuh, die Gewerbesteuer, die mehr Geld hergab, als im Vorfeld eingeplant wurde.

Die aktuelle Situation wird auch in den kommenden Monaten, wenn nicht Jahren große Auswirkungen auf die Haushaltslage der Kommune haben. Ob alle für das laufende Jahr geplanten Projekte umgesetzt werden können, werden die kommenden Wochen zeigen. Wird das öffentliche Leben länger eingeschränkt werden, wird es sicher zu Verschiebung von Prioritäten kommen müssen.

Wir stehen vor großen Herausforderungen. Wir sind dazu aufgefordert, für die finanzielle Stabilität in Weeze zu sorgen, die der Haushaltsentwurf so leider nicht bietet.

 

 

Es stellte sich für uns während der Haushaltsberatung die zentrale Frage: „Stimmen wir dem Haushaltsentwurf in seiner Gesamtheit zu oder nicht?“. Denn mit vielen Positionen des Entwurfs sind wir einverstanden und können diesen mit gutem Gewissen auch zustimmen. Doch der Entwurf enthält auch einigen Positionen, mit denen wir nicht einverstanden sind. Da haben wir grundsätzlich andere Vorstellungen.

Zu einzelnen Themen möchten wir hier Stellung nehmen.

Die geplante Entwicklung eines Gewerbegebiets am Wissener Feld lehnen wir nach der jetzigen Planung strikt ab. Die Kosten für die Verkehrsanbindung sind, bedingt durch die Lage, unverhältnismäßig hoch. Die im Vorfeld geplante Unterdeckung der Erschließungskosten ist mit mehreren Millionen Euro in einer völlig unakzeptablen Höhe gewachsen. Diese Mehrkosten werden sich auch später über die Grundstücksverkäufe niemals wieder einspielen. Wir fordern weitere und eingehende Prüfung nach kostenmäßig zumutbaren Alternativen. Deshalb werden wir den Kauf des Geländes nur zustimmen, wenn es unter der Bedingung der Rückabwicklung erfolgt, falls eine andere günstigere Verkehrsanbindung nicht möglich ist.

Erheblichen Problemen haben wir mit der Planung und Entwicklung des Baugebietes Steegsches Feld. Wir plädieren dafür, dass zuallererst eine Gesamtplanung für die angepeilte Bauentwicklung Weeze-West vorgelegt und verabschiedet wird. Inklusive Einzelheiten wie Verkehrsströme, Wegeführung und die Anbindung für das gesamte Gebiet. Keine getrennte Betrachtung/Bearbeitung von drei verschiedenen Baugebiete, sondern nur als einer Gesamtplanung mit dann abgestimmten Bauabschnitten. Was uns zurzeit darüber bekannt ist reicht bei weitem nicht aus. Wir möchten nicht, dass die Anwohner später irgendwann über eine einzelne schmale Straße in dem Gebiet hinein- und hinausfahren müssen. Davon gibt es leider in Weeze schon einige Beispiele.

Wir müssen bezahlbaren Gewerbeflächen erschließen und marktgerechten Wohnraum schaffen. Das ist für uns ein wichtiger Beitrag, um Leben, Arbeiten und Wohnen in Weeze zu stärken. Die bekannten Baulücken und Brachflächen allein reichen leider nicht aus, um die starke Nachfrage nach Baugrundstücken zu befriedigen.

Basierend auf die schwierige Haushaltssituation bitten wir zu prüfen, ob der Bau der Niersbrücke noch verzögert werden kann. Es sollte zuerst nur die Nierspassage fertig gestellt werden und die Brückenplanung in Anbetracht der Kostensteigerung einigen Jahren verzögert werden.

 

Die aktuellen Herausforderungen, bieten jetzt auch die Chance das Thema Digitalisierung mit Vorrang voran zu treiben. Aus unserer Sicht bietet der Prozess der Digitalisierung in der Verwaltung die große Chance die Dienstleistungen noch bürgerfreundlicher anzubieten. Die Anbindung aller Haushalten mit schnellem Internet ist unverzichtbar.

Grundsätzlich wollen wir die Rahmenbedingungen für die Bürger und der Wirtschaft verbessern – Beibehaltung der jetzigen Hebesätze für Grund- und Gewerbesteuer und der Gebühren, keine Mehrbelastung in Folge der Grundsteuerreform.

Wir sollten zudem immer prüfen, zu welchen Aufgaben die Verwaltung gesetzlich verpflichtet ist und welche Aufgaben wir an Dienstleister delegieren oder gemeinsam mit Nachbarstädten erledigen können. Das geht sicherlich nicht bei allen Aufgaben. Aber wo es geht, sollten wir darauf zurückgreifen, damit wir uns für die Zukunft nicht zu sehr verpflichten.

Die Verwaltung bearbeitet so viele Projekte wie lange nicht mehr. Nicht nur jeder Euro kann nur einmal ausgegeben werden, auch jede Arbeitsstunde kann nur für ein Projekt geleistet werden. Hinzu kommen teilweise je nach Förderprogramm absurde Dokumentationspflichten. Die Beauftragung von immer neuen Konzepten durch Politik und Verwaltung, die dann aus Kostengründen doch nicht durchgeführt werden macht wenig Sinn. Die FDP spricht sich grundsätzlich gegen die Entwicklung von Baugebiete in Eigenregie durch die Verwaltung aus, da dies nicht zu den originären Aufgaben einer Baubehörde gehört. Sie soll Rahmenbedingungen festlegen und den Ablauf überwachen.

Einzigartig an der jetzigen Situation ist auch, dass die Folgen der Pandemie die Bevölkerung so unterschiedlich treffen. Während eine große Zahl der Haushalte kaum finanziellen Einbußen hat, steht ein Teil der Bevölkerung schon jetzt vor dem Ruin. Gut abgesichert kommen vor allem die Rentner, Pensionäre und Beamten durch die Krise. Auch die Bezieher von Grundsicherung müssen keine Kürzungen fürchten. Voll erwischt hat es dagegen viele Selbstständige und Kulturschaffende, die seit März ohne Einkünfte dastehen. Und ganze Branchen wie die Gastronomie, Tourismus oder der Veranstaltungs- und Messesektor funken SOS.

Der Haushalt für 2021 lehnen lehnt die FDP-Fraktion aus den oben beschriebenen Gründen ab.

Zum Schluss bedanken wir uns bei den Mitarbeitern der Verwaltung, hier insbesondere nochmals dem Kämmerer, für die geleistete Arbeit. Ihnen, aber natürlich auch allen Bürgern der Gemeinde Weeze und allen Ratskolleginnen und -kollegen wünschen wir eine friedliche und besinnliche Weihnachtszeit und -bleiben sie gesund.

Ich danke ihnen für ihre Geduld und Aufmerksamkeit.

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