Haushaltsrede unseres Fraktionsvorsitzenden Dietmar Gorissen - archiviert

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Sehr geehrter Herr Landrat Spreen,
sehr geehrter Herr Kämmerer Bettray,
verehrte Mitarbeiterinnen und geehrte Mitarbeiter der Verwaltung,
sehr geehrte Damen und Herren des Kreistages,

wir beschließen heute zum dritten Mal einen Haushaltsplan nach den Regeln des  NKF, mit denen

Transparenz geschaffen, Aufmerksamkeit für intergenerative Gerechtigkeit, Grundlage für politische Zielsetzung und Steuerung ermöglicht werden soll.

Die Bearbeitung des Haushaltsplans hat – gemessen an diesen Zielen – Fragen aufgeworfen.

Transparenz: Die Unterteilung in Produktbereiche, Produktgruppen und einzelne Produkte birgt die Gefahr, vor lauter Bäumchen und Bäumen den Wald nicht mehr zu sehen.

Kontenscharfe Gesamtergebnisrechnungen und Gesamtergebnispläne sollten zukünftig in den Entwürfen vorhanden sein.

Aufmerksamkeit für intergenerative Gerechtigkeit: Ein Stichwort heißt Schulden. Kassenkredite sind gefährlich, wenn sie zur Finanzierung laufender Aufwendungen verwendet werden. Der Kreistag hat das Kreditlimit vor zwei Jahren von 15 auf 30 Millionen € erhöht. Weiterhin benötigt der Kämmerer diese „Liquiditätsreserve“. Wir regen eine regelmäßige, etwa halbjährliche Berichterstattung des Kämmerers über die Inanspruchnahme der Kassenkredite an. Sie dürfen nicht zur langfristigen Finanzierung laufender Ausgaben dienen.

Die Inanspruchnahme der allgemeinen Ausgleichsrücklage – einer rechnerischen Position, kein richtiges Geld – dient dem Ausgleich jährlicher Einnahmeschwankungen.. Sie ist Verbrauch des Eigenkapitals. Im Sinne intergenerativer Gerechtigkeit sollte sie nicht eingesetzt werden zur Deckung von Fehlbeträgen des laufenden Haushalts. Sie betrug im Kreis Kleve zum 01.01.2009 gesetzlich ein Drittel des Eigenkapitals, knapp 50 Millionen €. Sie wurde schon 2010/11 in Anspruch genommen. Laut Haushaltsplan war eine weitere Inanspruchnahme nicht vorgesehen. Jetzt wird sie 2012/13 doch in Anspruch genommen. Mehr als jemals zuvor, nämlich 18,2 Millionen €. Planmäßig soll der Bestand zum 31.12.2013 noch 25,8 Millionen € betragen. Damit wird der Bestand der  Ausgleichsrücklage in nur vier Jahren halbiert worden sein.

Grundlage politischer Zielsetzung und Steuerung: Mit dem Verbrauch des Eigenkapitals kann es so nicht weitergehen. Die FDP wiederholt das Angebot und die Forderung von vor zwei Jahren, eine Arbeitsgruppe aus Verwaltung und Fraktionen zu bilden. Konkrete Zielbestimmung von Produkten, Aufwandsbestimmungen und Kennzahlendefinitionen müssen erarbeitet werden. Politische Steuerung braucht ein übersichtliches, verlässliches Zahlenwerk mit verständlichen Darstellungen und konkreten Hinweisen. Daran fehlt es.

Nur mit Unterstützung des Kämmerers und seiner Mitarbeiter, für die wir dankbar sind, meinen wir, uns so durch den Haushalt durchgearbeitet zu haben, dass wir zustimmen können.

Entgegen unseren Vorstellungen ist der Haushalt nicht ausgeglichen. Der Landrat kann nur einen fiktiv ausgeglichenen Haushalt durch einen Griff in die Ausgleichsrücklage zu Lasten des Eigenkapitals darstellen.

Besonders liegt uns im Magen, dass die Beteiligung am Sparkassenzweckverband Emmerich am Rhein/Rees, die strategisch sinnvoll sein kann, nur über Schulden finanziert wird. Das wäre nicht nötig gewesen. Der Kreis hatte Vermögen. Wir wollten zum wiederholten Male  die RWE-Aktien zu veräußern, als die Wandelanleihe auslief. Sie war ein schlechtes Geschäft für den Kreis. Das festzustellen braucht es keine Bildungslandschaft, Kenntnis der Grundrechenarten reicht.
Die Mehrheit des Kreistages wollte die Aktien behalten.
Das Gemeindeprüfungsamt hat dazu bemerkt: „ Die liquiden Mittel des Kreises (wurden) zur Bezahlung des Barausgleichs vollständig verbraucht.“  Das Griechenland des Kreises heißt RWE-Aktie.  Sie, Herr Landrat, haben wegen der Sparkassenbeteiligung laut Pressebericht vom 18. Februar angekündigt: „Wir werden Vermögen umschichten und die Städte im Kreis damit nicht belasten.“ Die FDP-Fraktion meint, dass der Kreis kein verwertbares Vermögen hat, das er ohne Belastung der Kommunen umschichten könnte. Niemand weiß, wie Schutzengel aussehen. Wir wünschen Ihnen, Herr Landrat, dass Sie einen besonderen Schutzengel finden. Sie werden ihn brauchen, um umschichtbares Vermögen zu schaffen.

Neben den RWE-Aktien ist auch der Umgang mit den FN-Krediten kein Leuchtturm für geschickte „Vermögensverwaltung“. Wir zollen dem Investor Respekt, wir erkennen die Leistung der Geschäftsführung bei der Entwicklung von Geschäft und Arbeitsplätzen an. Aber der Erwerb von Geschäftsanteilen durch den Kreis ist des Teufels. Selbst da hätten wir noch mitgemacht. Liberale kennen keine Furcht. Aber es hätte darum gehen müssen, eine überschaubare Zeit zu überbrücken und bessere Lösungen zu finden. Der Vorschlag des Landrats/Vermögensverwalters, gleich fünf Jahre lang Geschäftsanteile von einem nicht zahlenden Schuldner zu übernehmen, war für die FDP-Fraktion nicht zustimmungsfähig. Warum wurde bei den Solaranlagen wieder der FN nachgegeben und diese nicht angehalten, die sicheren Gewinne aus einer solchen Anlage zu realisieren? Solaranlagen sind selbst bei 100-%-Kreditfinanzierung eine Lizenz zum Gelddrucken.  Von einem verständigen Vermögensverwalter  erwarteten wir, dass mehr Einfluss ausgeübt worden wäre.

Bei einem Haushaltsvolumen von rund 325 Millionen € pro Jahr ist die „Vermögensverwaltung“ ein Teilbereich. Im laufenden Geschäft, im täglichen Leben, werden die Mittel des Kreises angemessen, hoffentlich wirtschaftlich und sparsam eingesetzt.

Fast 240 Millionen € oder 75 % der gesamten Ausgaben entfallen auf den Sozialbereich. Mit zukünftig steigender Tendenz. Alle Einrichtungen oder Hilfen, die vom, mit oder über den Kreis zur Verfügung gestellt werden, sind ein vorzeigbares und kompetentes Angebot für die Menschen, die Hilfe benötigen. Die FDP-Fraktion will die Fähigkeit, vor Ort, nahe am Menschen, durch die Kommunen, den Kreis oder beauftragte Einrichtungen Hilfe zu gewähren, sicherstellen. Diese Art der Hilfegewährung garantiert den wirkungsvollsten Einsatz aller Mittel. Dazu brauchen die Kommunen, auch der Kreis eine ausreichende Finanzausstattung.

Der Kreis muss sich diese auch beschaffen über die Kreisumlage. Es ist gut, dass die Kreisumlage für 2012 nicht so stark wie im ersten Entwurf vorgesehen erhöht wird. Die FDP-Fraktion freut sich und ist dankbar, dass unsere Anregung, die Kreisumlage für 2013 auf 32 % festzusetzen – und damit 1,8 Prozentpunkte niedriger als ursprünglich vorgeschlagen – in einem gemeinsamen Antrag mit der CDU zugunsten der Kommunen umgesetzt werden konnte. Das ist immerhin in 2013 eine Entlastung um knapp 2 Millionen €.
Mehr Luft nach unten war nicht. Die FDP-Fraktion wird darauf achten, dass laufende Ausgaben aus laufenden Einnahmen getätigt werden. Der sog. Griff in die Ausgleichsrücklage zur „Finanzierung“ eines noch niedrigeren Hebesatzes oder von weiteren Ausgaben heißt: Schulden machen. Das ist mit uns nicht drin. Wer meint, weniger einnehmen oder mehr ausgeben zu können, der muss sagen, wie das ohne Schulden gehen soll. Sonst läuft nichts.

Auch bei der Festsetzung der Jugendamtsumlage konnte eine Absenkung gegenüber der ursprünglichen Planung erreicht werden. Dies vor dem Hintergrund, dass das GPA die Leistungen in diesem Bereich „als gutes Beispiel kommunaler Praxis zur Steuerung der Jugendhilfeleistungen“ gelobt hat. Ein Lob für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Jugendamtes, dem wir uns ausdrücklich gerne anschließen. Kinder- und Jugendhilfe ist ein wichtiger – und zu Recht kommunaler – Baustein der Gesellschafts- und Sozialpolitik.

Noch drei Bemerkungen  zum Abschluss:

1.
Der gefühlt ewig lange Streit um die Jagdsteuer ist erledigt. Sie entfällt 2013 vollständig. Die Annahme der Liberalen hat sich bestätigt: Der Kreis gerät darüber nicht in Insolvenz.

2.
Die Verwaltung legt unter TOP 14 den Bericht über die Umsetzung des Konjunkturpaketes II mit einem Investitionsvolumen über 6,8 Millionen € vor. Diese Mittel wurden in den vergangenen zwei Jahren in verschiedenste Maßnahmen investiert. Ausdrücklich Lob und Anerkennung von der FDP für die Mitarbeiter der KKB, der Verwaltung, aber auch der örtlichen Betriebe, die diese enorme Leistung bewältigt haben.

3.
50.000,00 € aus Steuergeldern einem Förderverein zu geben, der nach seiner Satzung eine andere öffentliche Einrichtung unterstützen will, Campus Kleve, kann einem Liberalen nicht gefallen. Das kratzt nicht an unserer Dankbarkeit, dass der FDP-Minister Prof. Pinkwart den Kreis Kleve als Hochschulstandort zugelassen und bestimmt hat. Dieses Vertrauen war gerechtfertigt. Auch hier ausdrücklich Lob und Anerkennung für alle Beteiligten, dass eine fertig gebaute Hochschule dem Land, den Studenten und Lehrkräften im Herbst übergeben werden kann. Und auch Anerkennung, dass Investitionen von 100 Millionen € hier getätigt wurden.

Die Hochschule ist  eine Herausforderung, auch Verpflichtung, für eine bessere verkehrliche Anbindung Sorge zu tragen. Das ist zukünftig ein evidentes Interesse der Hochschule, aber auch des Kreises. Die bessere Anbindung des Emmericher Bahnhofs an den internationalen Fernverkehr muss ins Pflichtenheft des Landrats. Und natürlich auch die Bahnstrecke Kleve – Nimwegen. Keine halben Sachen, keine Light-Lösungen. Eine wirkliche Lösung. Dafür lonht sich nach Auffassung der FDP-Fraktion im Sinne der Hochschule und des Kreises auch eine Vermögensumschichtung.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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